Bastelzubehör

Lass mal reden über … das Prickeltrauma

Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause laufe ich an einer Apotheke vorbei. Es ist Anfang November und passend zur Jahreszeit hängen als Dekoration bunte Sankt-Martins-Laternen im Schaufenster. Ich bleibe einen Moment stehen und sehe mir die die Basteleien genauer an: Kürbisse, Eulen und Fledermäuse. Einen Moment lang denke ich an meine Kindheit und die Sankt-Martins-Umzüge, an denen ich selbst voller Stolz meine selbstgebastelte Laterne vor mir her trug und mich auf den Stutenkerl (Weckmann, für alle Rheinländer) freute, den es stets im Anschluss zu essen gab. 

Ich will schon weiter gehen, als mein Blick noch einmal auf eine der Laternenfledemäuse fällt und was ich sehe, lässt mich erschaudern.
Diese Laterne wurde nicht etwa ausgeschnitten – nein! Sie wurde ausgeprickelt. 😱

Für alle die nicht wissen, was Prickeln ist, hier eine kurze Erklärung:

Laut Wikipedia handelt es sich beim Prickeln um eine Basteltechnik, bei der Formen mit einer Nadel, der sogenannten Prickelnadel, ausgestochen werden. 

Was mich angeht, so halte ich Prickeln nicht etwa für eine Basteltechnik sondern eine früherzieherische Foltermethode. Ernsthaft, ich habe noch niemanden getroffen, der mir plausibel den pädagogischen Wert von Prickeln erläutern konnte.

Das Sterntaler-Prickel-Trauma

Ich erinnere mich an eine Situation aus meiner Kindergartenzeit, in der wir ein Fensterbild, passend zum Märchen Sterntaler basteln sollten. Und anstatt uns die blöden Sterne bzw. Taler mit einer Schere ausschneiden zu lassen, mussten wir jeden einzelnen mit einer Prickelnadel ausprickeln. 

Sterntaler
Illustration zu „Die Sterntaler“ von Viktor Paul Mohn, 1882

Die ganze Aktion hat gefühlte Stunden gedauert und wir durften auch nicht eher nach draußen zum Spielen, bis wir mit unserer Aufgabe fertig waren. Und da ich, was Bastelarbeiten angeht, schon immer eher zu den langsameren Kandidaten gehörte, musste ich zusehen, wie nach und nach alle andern Kinder den Basteltisch gegen den Sandkasten tauschen durften, weil sie alle ihre Sterne ausgeprickelt hatten, bis ich schließlich ganz alleine übrig blieb. 

Und all mein Bitten und Betteln und selbst die Protesttränen konnten die Erzieherin nicht erweichen: ich musste weiter prickeln – bis zum bitteren Ende. 

Seit diesem Tag hasse ich Prickeln und auch Sterntaler (obwohl die Brüder Grimm natürlich nichts für die Unbarmherzigkeit meiner Erzieherin konnten) mit jeder Faser meines Körpers.

Und es ist wohl kaum der Rede wert, dass das Sterntalerfensterbild gleich zu Hause in den erstbesten Mülleimer flog. 

Daher mein Appell an alle Erzieher*innen dieser Welt: Erspart den Kindern diese Prickelei und wenn es doch nicht ohne Prickeln geht, dann wenigstens nicht Sterntaler.

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