Lachende Smilies

Lass mal reden übers… Duzen oder Siezen

„Entschuldigung, haben Sie vielleicht ein Feuerzeug?“
Irritiert drehe ich meinen Kopf links. Galt die Frage mir?! Tatsächlich. Neben mir steht ein Typ, etwa in meinem Alter, und schaut mich fragend an. 

„Nee, sorry, ich rauche nicht“, antworte ich und schüttle entschuldigend den Kopf.  Er nickt, lächelt mich kurz an und wendet sich mit seiner Suche einem der anderen Passanten zu, die so wie ich auf die Bahn warten.  
Ich schaue ihm noch einige Augenblicke nach. Etwas an seiner Frage hat mich irritiert – aber was?

Nach einer Weile komme ich drauf. Es war nicht die eigentliche Frage nach dem Feuerzeug, die mich stutzig gemacht hat, es war die Tatsache, dass er mich gesiezt hat.

Gretchenfrage: Duzen oder siezen?

Sehe ich heute etwa so seriös aus? Ich betrachte mein Spiegelbild in der Scheibe des Wartehäuschens: Turnschuhe, Jeans, dicke Winterjacke, Strickmütze und meine Over-Ear-Kopfhörer, die auf meinem relativ kleinen Kopf meist vollkommen überdimensioniert wirken. Nein, an meinem Outfit kann es nun wirklich nicht liegen.

Vielleicht liegt es daran, dass ich praktisch alle Menschen in meinem näheren Umfeld mit „Du“ anspreche, aber von anderen gesiezt zu werden, klingt in meinen Ohren falsch. Ich bin Katharina, mit dem förmlichen Frau K***  hingegen kann ich mich nur schwer identifizieren.

„Sie“ – eine Frage des Respekts?!

Selbstverständlich weiß ich, dass das „Sie“ im deutschen Sprachgebrauch unter Erwachsenen bzw. gegenüber älteren Personen immer noch Konsens ist. Und selbst mein Vater, der alles andere als konservativ ist, hat früher immer zu mir gesagt, es sei leichter jemanden mit „Du Arschlosch“ anzusprechen, als mit „Sie Arschschloch“.

Ich stimme in vielen Dingen mit meinem Vater überein, aber in diesem Punkt bin ich anderer Meinung: Für mich hat das formelle Sie nichts mit Respekt zu tun. Ich respektiere mein Gegenüber ganz unabhängig davon, ob ich „Du“ oder „Sie“ zu ihm/ihr sage.

Beispielsweise habe ich bisher fast ausschließlich in Unternehmen gearbeitet, in denen sich alle – vom Reinigungspersonal bis zur Geschäftsführung – mit „Du“ angesprochen haben und ich habe nie erlebt, dass das zu einem respektlosen Umgangston geführt hätte, eher im Gegenteil.

Das förmliche „Sie“ sorgt innerhalb einer Kommunikation für Distanz und ist nach meiner Auffassung ein Überbleibsel einer hierarchisch geprägten Gesellschaft. 

Kommunikation auf Augenhöhe

Das „Du“ hingegen führt automatisch zu einer gewissen Verbundenheit und macht so eine Kommunikation auf Augenhöhe möglich – man könnte auch sagen: es sorgt für Gleichberechtigung in der Sprache.

„Ja, aber fändest du es nicht auch komisch, wenn dich der Bank- oder Versicherungsberater mit ‚Du‘ ansprechen würde?“, fragt mich der weltbeste Ehemann, als wir über diese Du-oder-Sie-Frage diskutieren.

„Ja“, räume ich ein, „das würde mich auf jeden Fall irritieren, aber nur weil es eben ein Deutschland immer noch Konsens ist.“

Ich denke noch ein wenig weiter über die Frage nach. Würde mich die Sparkassenmitarbeiterin oder der -mitarbeiter in einem Beratungsgespräch duzen, würde ich mich definitiv darüber wundern. Wenn ich aber stattdessen den hippen Firmensitz der N26-Bank in Berlin betreten und dort mit „Du“ angesprochen werden würde, wäre meine Verwunderung deutlich geringer. Ich würde es vermutlich binnen Sekunden als gegeben hinnehmen, dass in dieser Bank das „Du“ schlicht zur Unternehmenskultur gehört und nicht an der Seriosität der Beratung zweifeln.
Na, wem geht es genauso? 😉

Manchmal ist „Sie“ die strategisch sinnvollere Wahl

Klar gibt es Situationen, in denen das Sie immer noch die bessere oder strategisch sinnvollere Wahl ist und ich würde auch niemanden gegen seinen oder ihren Willen duzen.

Aber was mich betrifft: Ich bin Katharina, ohne „Sie“ und aber. 

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